Entwicklung der Ethohydraulik zu einer naturwissenschaftlichen Transdisziplin
Im Jahr 2000 wurde mit der Verabschiedung der Wasserrahmenrichtlinie durch das Europäische Parlament ein Paradigmenwechsel
für das wasserwirtschaftliche Handeln eingeleitet, in dem Oberflächengewässer eine gute ökologische Qualität aufweisen sollen.
Alle seither erstellten Kataster zeigen jedoch, dass sich sowohl die Güte, als auch vor allem der strukturelle Zustand der Gewässer
in einem beklagenswerten Zustand befinden, der sich letzten Endes in den Roten Listen der bedrohten Tierarten wieder spiegelt.
Entsprechend stellt sich die Frage nach einer künftig verträglicheren anthropogenen Nutzung der Gewässer. Dies kann nur gelingen,
in dem die Anforderungen aquatischer Lebewesen in der wasserbaulichen Praxis konsequent berücksichtigt werden.
Angesicht der bestehenden Wissensdefizite über einheimische Krebse, Neunaugen und Fische aber stellt sich zur Recht die Frage nach dem wie. So wurden beispielsweise in den vergangenen Dekaden etliche Fischaufstiegsanlagen errichtet, doch erweist sich die Mehrzahl dieser mindestens als falsch positioniert, unterdimensioniert und strömungstechnisch überlastet. Bereits in den 1990er Jahren hat das Bundesforschungsministerium das fehlende verhaltensbiologische Wissen über die Aufwandermechanismen von Neunaugen und Fischen als maßgeblich dafür verantwortlich identifiziert, dass Fischaufstiegsanlagen noch heute nicht korrekt angeordnet sowie geometrisch und hydraulisch falsch bemessen werden.
Vor diesem Hintergrund wurde unter Mitarbeit des Instituts für angewandte Ökologie ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, in dessen Rahmen erste verhaltenbiologische Untersuchungen mit Fischen durchgeführt wurden, deren Ergebnisse Eingang in das erste Regelwerk über Fischaufstiegsanlagen fanden.
Unter der intensiven Zusammenarbeit mit Prof. habil Dr.-Ing. Boris Lehmann, vormals am Institut für Wasser und Gewässerentwicklung des Karlsruher Instituts für Technologie wurde schließlich gemeinsam mit den Biologen des Instituts für angewandte Ökologie die Ethohydraulik unter Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt e. V. zu einer heute wissenschaftlichen anerkannten, transdiziplinären Methode fortentwickelt.
Nachzulesen sind die Grundlagen in dem Standardwerk "Ethohydraulik".
Unter www.youtube.de findet sich zudem eine filmisch animierte englischsprachige Darstellung des methodischen Vorgehens.